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Internationales politisches Projekt (2018-2013)


Es war dies ein großes erstes internationales politisches Projekt, ich wuchs eine studentische Organisation von 10 auf 3.000 Mitglieder, arbeitete mit Staaten, Medien, Kirchen, Unternehmen, sozialen Einrichtungen zusammen, hatte viele Auftritte in den Medien, viele Begegnungen und Arbeitsgespräche mit Spitzenpolitikern und übte einen transformativen Einfluss aus, auf den Umgang der Republik Serbien mit den serbischen Studenten im Ausland. Das Projekt dauerte von 2008 bis 2013, über die Dauer meiner Ausübung des Amtes des Präsidenten der Organisation Serbischer Studenten im Ausland. Ein kurzes Buch über meine Amtszeit schrieb ich und schenkte es der Organisation Serbischer Studenten im Ausland, hier stelle ich Lesern meiner philosophischen Texte eine kurze Synopsis über meine Beweggründe dieses Amt anzunehmen und 5 Jahre meines Lebens darin zu investieren.

Als junger Student der Politik und der Internationalen Beziehungen an der Universität London (London School of Economics) habe ich beim Versuch die Welt und meinen Platz in dieser zu verstehen, ein Bedürfnis verspürt patriotisch-politisch aktiv zu werden. Der Grund hierfür war, dass mich seit meinem 13. Lebensjahr in Deutschland und bei meinen Reisen um die Welt stets und ziemlich schnell die Menschen, die ich kennenlernen würde, danach fragen würden woher ich komme. Gleichaltrige, ältere und viel ältere würden diese Information von mir haben wollen, um sich eine Meinung über mich bilden zu können. Das fand ich interessant, denn selbst interessierte ich mich wenig dafür woher jemand kommt bzw. fand vieles andere wichtiger bei meiner persönlichen Meinungsbildung über andere Menschen. Ob sie sportlich aktiv sind, was ihr Lieblingsessen ist, was sie gerne lesen, was ihre Ziele im Leben ist usw.

Besonders schwierig fand ich, dass auf meine Antwort, dass ich aus Serbien komme, meistens eine negative Reaktion folgte. Das wunderte mich, hatte ich selbst eine insgesamt positive Meinung von Serbien. Mit der Zeit verstand ich langsam, dass Menschen im Generellen wenig über den eigenen Tellerrand hinaus schauen und dass Serbien aus politischen Gründen in anderen Ländern immer wieder in Ungnade fiel, was zu negativer Berichterstattung führte. Das wenige, was Menschen über Serbien wussten, war folglich negativ. Viele reduzierten mich beim Kennenlernen darauf, dass ich Serbe bin und verbanden ihre Gedanken mit negativen Dingen, die sie bis zu dem Zeitpunkt über Serbien in Erfahrung brachten. Ich lernte natürlich schnell das Thema zu wechseln und mich zu Recht zu finden, insbesondere wenn ich mit Menschen sprach, die irgendwelche Bewertungen über mich oder meine Leistungen abzugeben hatten.

Dennoch bereitete mir dies viele Kopfschmerzen und es waren dann schließlich auch diese wiederholten Erfahrungen, dass man auf Basis seiner Herkunft abgestempelt wird, die ich natürlich erweitert habe mit dem Vorstellungsvermögen wie sich wohl Frauen, dunkelhäutige Menschen usw. fühlen, die auch oft schnell bei Begegnungen diskriminiert werden. Kombiniert mit meinem Wunsch zu verstehen warum Kriege geschehen, warum Menschen Opfer von Bombardierungen werden, warum sie Flucht ergreifen und wie solche Situationen in der Zukunft überall auf der Welt vielleicht vorgebeugt werden könnten, beschloss ich mehr darüber zu lernen und dies alles besser zu verstehen. Selbst erlebte ich in der Jugend auch die Bombardierung Serbiens durch die NATO in 1999, versteckte mich mit meiner Familie im Keller, wie auch Millionen anderer Bürgerinnen und Bürger, und flüchtete schließlich aus dem Land in die Sicherheit, um wenige Tage nach unserer Ankunft in Deutschland im Fernsehen zu sehen, wie eine Bombe nur 50m von unserem Familienhaus in Belgrad fiel und mehrere Gebäude in Schutt und Asche verwandelte. Es waren dies traumatische Erfahrungen, die mich in meinem Wunsch verstärkt haben Politik und Internationale Beziehungen studieren zu wollen.

Als junger Student, der anfing zu verstehen wie Politik funktioniert, verspürte ich ziemlich schnell das Bedürfnis das größtenteils negative Bild von Serbien in der Welt zu verändern über Vervollständigung, denn es gibt schließlich auch vieles positive und schöne was Serbien und das serbische Volk ausmacht. Als ich in 2007 entdeckte, dass in 1997 eine Organisation Serbischer Studenten im Ausland gegründet wurde, dachte ich, dass dies genau der richtige Ort für mich ist um aktiv zu werden. Schließlich könnte ich mich auch als serbischer Student im Ausland identifizieren bzw. ich müsste es, denn andere Menschen wollten mich selten bis gar nicht als Menschen wahrnehmen, sondern würden mich stets als Serben abstempeln (heute sage ich oft, weil ich eben die deutsche Kultur, die US-Amerikanische, die englische usw. in mir habe und auch deutscher Staatsbürger bin, dass ich im Endeffekt weiterhin ein Staatenloser Erdenbürger bin, weil es keinen Weltstaat gibt). Leider waren nur ca. 10 Personen in der Organisation aktiv, aber dies stoppte mich nicht mich zu beteiligen und relativ zügig, ca. 6 Monate nach Eintritt, auch zum Präsidenten der Organisation gewählt zu werden.

Meine Idee war einfach - wir sollen so viele serbische Studenten im Ausland wie möglich versammeln um eine patriotische Gemeinschaft zu bilden innerhalb von welcher wir das Bild von Serbien in der Akademie weltweit verbessern könnten. Das fand Anklang, wir erzeugten eine Website, gründeten lokale Zweige an verschiedenen Universitäten (London, Oxford, Sorbonne, Bocconi, Heidelberg, Princeton, Harvard, Wien, Thessaloniki...) und organisierten innerhalb von diesen studentische Partys offen für alle Studenten von den Unis, wir organisierten auch Vorträge und Reisen und um alles abzurunden auch zwei Mal im Jahr Versammlungen in Serbien, die sog. Winter und Sommer Versammlungen. Die Zahl der Mitglieder wuchs und in 2010 zählte die Organisation bereits um die 800 Mitglieder. Die Presse interessierte sich für uns und schrieb Artikel. Ehemalige Mitglieder, welche die Organisation in 1997 gegründet haben, hatten hohe politische Ämter in Serbien inne und wir fühlten uns in der Organisation langsam ermutigt diese und andere Vertreter des serbischen Staates anzusprechen und mögliche gemeinsame Projekte zu diskutieren. Mit dem damaligen Minister für Diaspora der Republik Serbien verhandelte ich, was gar nicht einfach war, und schaffte es schließlich ein Projekt umzusetzen mit dem Namen "Lerne den serbischen Staat kennen", über welches der in den Medien oft beklagte Brain-Drain etwas rückgängig gemacht werden könnte.

Es wurde dies zu meinem zweiten größeren international politischen Projekt, während dem 46 Mitglieder der Organisation ausgewählt wurden, die während eines Zeitraums von 4 Wochen Praktika in allen 23 Ministerien der Republik Serbien absolvierten (jeweils 2 pro Ministerium) und schließlich 1-Seitige SWOT Analysen der Arbeit der Ministerien unternahmen, welche ich gesammelt bei medialer Begleitung dem serbischen Premier Minister überreichte. Es folgten viele weitere Projekte und durch meinen laissez-faire Stil in der Führung wuchs die Anzahl der Mitglieder stetig und mit diesen auch die Anzahl der Projekte, bis die Zahl unübersichtlich wurde. Jeder sollte schließlich beitragen, damit es zu einer spürbaren Veränderung kommt.

Die Organisation bekam ein Eigenleben, ich bemühte mich um demokratische Strukturen, machte aber auch viele Fehler als junger Student und ermutigte bald auch alle anderen Mitglieder Fehler zu machen, denn während des Studiums kann man sich diese noch eher leisten und soll aus den Fehlern lernen können. Immer wieder gab es auch Konflikte und Umbrüche und es sind diese die mich nachdenklich machten und dazu führten mich zunehmend mit Philosophie, Neurowissenschaften und Psychologie zu beschäftigen und zum Entschluss führten nach meinem Bachelor in Politik und Internationalen Beziehungen einen Master in Philosophie zu machen. Noch wurde ich nicht schlauer in Bezug auf das Thema, wie Kriege zwischen uns Menschen entstehen, denn alles was ich lernte zeigte stets auf die menschliche Natur als Hauptgrund (das Scheitern systemischer Lösungen, wie der des Sozialismus, wurde auch mit der menschlichen Natur begründet) und so erhoffte ich mir über tiefgründige Studien der menschlichen Natur weitere Antworten. Ich bekam, wegen der Probleme mit Machtkämpfen und sonstigen Auseinandersetzungen in der Organisation Serbischer Studenten im Ausland auch zusätzlich Lust auf diese Studien, denn ich versprach mir dadurch auch vielleicht zu ergründen warum diese Dinge geschehen.

Da die Organisation ein Eigenleben bekam und ich in meinem Amt als Präsident sehr fest an meinem laissez-faire Stil hielt und selbst in diversen Projekten als Koordinator engagiert war, wuchs die Mitgliederzahl weiter, sodass im Jahr 2012, als ich mich als Präsident am Ende meines Masters in Philosophie zurückzog, die Organisation bereits ca. 3000 Mitglieder zählte. Jede neue studentische Generation seit meinem Rückzug geht durch ihre eigene Arbeitsphase, ihre eigenen Erfolge und natürlich auch Konflikte und Umbrüche. Die Organisation besteht jedoch weiterhin und zählt heute über 5000 Mitglieder, 24 lokale Zweige und arbeitet weiter, was mich sehr freut. Mehr Informationen unter: www.ossi.rs