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Der vergessene Genozid und zwei Vorschläge


Der vergessene Genozid: Die systematische Vernichtung von 35 Millionen Slawen im Namen des "Lebensraums" In den blutgetränkten Annalen des Zweiten Weltkriegs ragt der deutsche Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion als monströses Mahnmal der Rassenhass-Ideologie hervor – ein Genozid, der in seiner Kälte und Systematik die slawische Bevölkerung Europas als Ganzes zum Ziel machte. Zwischen 1941 und 1945 wurden schätzungsweise 35 Millionen Slawen – darunter Russen, Ukrainer, Belarussen, Polen, Serben und andere – durch Massenerschießungen, Hungersnöte, Zwangsarbeit und systematische Ausrottung getötet. Dieser "vergessene Genozid", wie Historiker ihn nennen, war kein chaotischer Kriegshorror, sondern das logische Ergebnis einer rassistischen Weltanschauung, die Slawen als "Untermenschen" klassifizierte: primitiv, asozial und nur für die Knechtschaft unter der "arischen Herrenrasse" tauglich. Die Nationalsozialisten, getrieben von der fanatischen Überzeugung ihrer biologischen Überlegenheit, planten nicht nur die Eroberung von "Lebensraum im Osten", sondern die totale Umgestaltung Osteuropas durch Auslöschung und Versklavung. In dieser eisigen Logik verband sich die bürokratische Präzision deutscher Planer mit der brutalen Ausführung von SS und Wehrmacht, um eine slawenfreie Kolonialutopie zu schaffen.

Die Wurzeln dieser Barbarei lagen tief in der nationalsozialistischen Ideologie, die Slawen als "asiatisch verseuchte" Rasse darstellte, unfähig zu Kultur oder Selbstregierung. Adolf Hitler selbst verkündete in seiner berüchtigten "Dschingis-Khan-Rede" vom 22. August 1939 vor den Oberbefehlshabern der Wehrmacht: "Wer redet heute noch von der Vernichtung der Armenier?" – eine kalte Rechtfertigung für Völkermord als vergängliches Ereignis, das die Welt schnell vergisst. Diese Rede, lange umstritten, wurde 2022 durch den Historiker Norman Domeier endgültig als authentisch bestätigt und enthüllt die gnadenlose Kalkulation: Der Überfall auf Polen und später die Sowjetunion sollte mit "rücksichtsloser Brutalität" durchgeführt werden, um slawische "Untertanen" zu brechen und Platz für deutsche Siedler zu schaffen. Hitler verglich sich mit Dschingis Khan, dem mongolischen Eroberer, dessen Horden Völker auslöschten, ohne Spuren zu hinterlassen – eine Metapher, die die Deutschen als moderne Nomaden des Todes positionierte. Diese Worte waren kein bloßer Rhetorikexzess; sie flossen direkt in den "Generalplan Ost" ein, den Himmler und seine Rassentheoretiker 1941–1942 ausarbeiteten. Der Plan sah vor, 30 bis 50 Millionen Slawen zu deportieren, zu ermorden oder in Sibirien zu verjagen, um den Osten in eine germanische Kolonie zu verwandeln. Nur ein Bruchteil – die "rassisch wertvolleren" Slawen – sollte germanisiert werden, der Rest als dumme Arbeitsvieh gehalten: Nicht höher als die 4. Klasse der Volksschule bilden, um sie in ewiger Unwissenheit zu belassen und als "Sklavenrasse" für die arische Landwirtschaft zu missbrauchen. Diese dehumanisierende Synthese aus Rassentheorie und Praxis – "Denken" als Blaupause für Mord – trieb die Deutschen an: Jeder Soldat, jeder Beamte wurde zum Mitwisser in einem System, das Slawenleichen als Dünger für den "deutschen Volksboden" sah. Dies betont auch Götz Aly in seinem in 2025 erschienenen Werk, er beschreibt wie der Genozid die Deutschen in eine "mafiose Schweige-Gemeinschaft" verwandelte – viele profitierten (z. B. durch Plünderung slawischer Güter) oder wurden zu "Mitwissern und Mittätern". Dies schuf eine "unentrinnbare Wir-Atmosphäre", die Widerstand erschwerte.

Die Brutalität dieser Ideologie manifestierte sich in unzähligen Massakern, die nicht als Kriegsnotwendigkeiten getarnt, sondern als bewusste Säuberungsaktionen inszeniert wurden. Bereits im September 1939, beim Überfall auf Polen, exekutierte die Wehrmacht in Pludwiny 54 Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, als "Sühne" für angebliche Partisanenaktivitäten – ein Muster, das sich im Osten viele Male wiederholte. In der Ukraine und Belarus, wo der "Generalplan Ost" erstmals getestet wurde, wurden Dörfer systematisch ausgelöscht: Im Massaker von Babi Jar bei Kiew ermordeten SS-Einsatzgruppen im September 1941 über 33.000 Juden, doch parallel starben Zehntausende Slawen in Hunger- und Partisanenbekämpfung. Die Belagerung Leningrads (1941–1944) verkörperte die kalte Logik am grellsten: Die Wehrmacht und die Luftwaffe bombardierten die Stadt, während die Versorgung absichtlich blockiert wurde, um 1,5 Millionen Zivilisten verhungern zu lassen – darunter Hunderttausende Slawen, die als "bolschewistische Untermenschen" kein Mitleid verdienten. Himmlers SS notierte nüchtern: "Zweck des Russland-Feldzugs ist die Dezimierung der slawischen Bevölkerung um 30 Millionen." In Lagern wie Auschwitz oder Majdanek wurden slawische Zwangsarbeiter zu Tode gehetzt, während in Serbien Massaker wie in Kraljevo (1941) über 4.000 Zivilisten das Leben kosteten – als "Vergeltung" für gefallene deutsche Soldaten. Die Quote von 100 toten Slawen für 1 toten deutschen Soldaten, unterstrich die rassistische Wertlosigkeit slawischen Lebens. Diese Taten waren keine Abweichungen, sondern die Umsetzung des NS-Denkens: Jeder Mord, jede Hungersnot war ein Schritt zur "Germanisierung", wo Slawen nicht als Menschen, sondern als Hindernisse galten.

Warum taten die Deutschen das? Weil ihre Weltanschauung – von Hitlers "Mein Kampf" bis zu Himmlers Siedlungsfantasien – den Osten als leeren Raum sah, den zu füllen nur durch slawische Auslöschung möglich war. Die Kälte lag in der Präzision: Wissenschaftler wie Konrad Meyer berechneten Kosten und Flächen, als ginge es um Ackerbau, nicht um Völkermord. Die Brutalität speiste sich aus der Überzeugung, dass Slawen "ewig" dienen müssten – geistig kastriert, körperlich ausgezehrt, genetisch unterworfen. Dokumente wie der "Hungerplan" des Wirtschaftsministeriums zielten auf die Aushungerung von 30 Millionen, um Ressourcen für die Wehrmacht freizumachen. In dieser Synthese aus Ideologie und Aktion – dem "Denken" der Herrenrasse und den Taten ihrer Vollstrecker – kulminierte der Genozid: Er war kein Kollateralschaden, sondern das Kernstück eines Traums von ewiger Dominanz.

Dieser Genozid blieb lange im Schatten des Holocausts und der westlichen Fronten, nicht zuletzt weil die kommunistischen Regime in der Sowjetunion und anderen slawischen Ländern ihn bewusst verdrängten. Im Namen humanistischer und globalistischer Ideale – der "Vereinigung der Menschheit" unter dem Banner des Internationalismus – wollten sie ethnische oder nationale Narrative meiden, die Gewicht auf slawische Identitäten legen könnten. Die NS-Verbrechen wurden als "antifaschistischer Sieg" umgedeutet, die individuellen Leiden der Slawen als Teil eines kollektiven Klassenkampfs verblasst. So geriet der Genozid an den Rand der Erinnerung, ein "verschatteter Fleck", der Millionen seelischer Wunden offen ließ.

Heute, da sich die Zeiten wandeln und alte Narben wieder aufbrechen, ist eine unerbittliche Aufarbeitung dieser blutrünstigen Verbrechen der Deutschen – und ich sage bewusst der Deutschen, nicht nur des NS-Regimes, denn sie wurzelten in einer kollektiven rassistischen Hybris die lange vor dem NS-Regime existierte – dringend geboten. Die slawische Bevölkerung in insgesamt 12 slawischen Staaten trägt diese Traumata weiter: es leben schätzungsweise 300 Millionen Slawen in diesen multikulturellen Staaten mit zahlreichen Minderheiten und bereits mehrere Generationen dieser Menschen wuchsen in der Stille der Massengräber auf. Als ersten Schritt schlage ich deshalb vor, dass sich Friedrich Merz, als deutscher Bundeskanzler, öffentlich und bindend entschuldigt – eine Geste, die den Opfern Würde zurückgibt und den Dialog öffnet. Darauf aufbauend empfehle ich, dass die 12 schwer beschädigten slawischen Länder und ihre bereits existierenden Institute und Museen, die an diese Morde gedenken und Forschung umsetzen – darunter Russland, Belarus, die Ukraine, Polen, die Tschechische Republik, die Slowakei, Bulgarien, Serbien, Bosnien und Herzegowina, Slowenien, Montenegro und Nordmazedonien – ein gemeinsames Institut gründen, ähnlich dem Yad Vashem in Israel: Ein Zentrum für die Erforschung, Dokumentation und Erinnerung an die 35 Millionen Toten, dass bereits existierende Bemühungen und Forschung verbinden würde. Als Name für das Institut würde ich "Dom Pamjati" vorschlagen. Mit Archiven, Mahnmalen und Bildungsprogrammen würde dies nicht nur erinnern, sondern heilen – und die Welt mahnen, dass Rassenhass, wo immer er keimt, nie wieder Früchte tragen darf.

Es ist Zeit, die Schatten zu lichten und Traumata zu heilen, bevor sie uns erneut verschlingen in einem anderen Kontext, mit einer neuen Idee, die Menschen in "Über" und "Untermenschen" aufteilt.


Fußnoten

1 Berkhoff, Karel C. Harvest of Despair: Life and Death in Ukraine under Nazi Rule. Harvard University Press, 2004. (Schätzung der Opferzahlen basierend auf sowjetischen und ukrainischen Quellen; siehe S. 1–20 für den Gesamtkontext des slawischen Genozids.)

2 Rössler, Mechtild, und Sabine Schleiermacher (Hrsg.). Der "Generalplan Ost": Hauptlinien der nationalsozialistischen Planungs- und Vernichtungspolitik*. Akademie Verlag, 1993. (Detaillierte Analyse des Plans, inklusive Deportations- und Ermordungsabsichten; siehe S. 13–61.)

3 Kay, Alex J. Empire of Destruction: The Ruins of the Nazi War in Eastern Europe. Yale University Press, 2021. (Beschreibung des Generalplan Ost als Basis für ethnische Umgestaltung und Massentötungen; siehe Kap. 2, S. 45–78.)

4 Lower, Wendy. Nazi Empire-Building and the Holocaust in Ukraine. Indiana University Press, 2005. (Beispiele für Massaker in der Ukraine, inklusive Babi Jar und paralleler slawischer Opfer; siehe S. 112–145.)

5 Manoschek, Walter. "Serbien ist judenfrei": Militärische Besatzungspolitik und Judenvernichtung in Serbien 1941/42. R. Oldenbourg Verlag, 1993. (Dokumentation des Massakers in Kraljevo als rassistische Vergeltungsmaßnahme; siehe S. 89–102.)

6 Snyder, Timothy. Bloodlands: Europe Between Hitler and Stalin. Basic Books, 2010. (Analyse der slawischen Versklavung und Bildungseinschränkungen im NS-Plan; siehe S. 150–170.)

7 Breitman, Richard. "Hitler and Genghis Khan: Ideological Continuities." Journal of Contemporary History 25, Nr. 2/3 (1990): 337–353. (Vergleich Hitlers mit Dschingis Khan und rassistische Ideologie.)

8 Kay, Alex J. "Preparing the Hunger Plan: The German Agricultural Planners and the Hunger War in the East." Holocaust and Genocide Studies 23, Nr. 3 (2009): 425–448. (Details zum Hungerplan und geplanter Aushungerung von 30 Millionen Slawen.)

9 Rummel, R. J. Lethal Politics: Soviet Genocide and Mass Murder Since 1917. Transaction Publishers, 1990. (Zitat aus SS-Dokumenten zur Dezimierung; siehe S. 109–112.)

10 Domeier, Norman. "Weltherrschaft und Völkermorden: Die 'Lochner-Version' der Hitler-Rede vom 22. August 1939 als Schlüsseldokument nationalsozialistischer Weltanschauung." Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 70, Nr. 6 (2022): 542–567. (Bestätigung der Rede-Authentizität und Zitatanalyse.)

11 Domeier, Norman. "Adolf Hitlers geheime Rede von 1939: Ein Dokument des Hasses." *Der Spiegel*, 25. August 2022. (Historische Kontextualisierung und Echtheitsnachweis der Rede.)

12 Koposov, Nikolay. Memory Laws, Memory Wars: The Politics of the Past in Europe and Russia. Cambridge University Press, 2018. (Sowjetische Verdrängung ethnischer Narrative im Kontext des Internationalismus; siehe Kap. 5, S. 180–210.)

13 Perrier, Antonina. "Split Memory: The Geography of Holocaust Memory and Amnesia in Belarus." Slavic Review 77, Nr. 1 (2018): 102–122. (Sowjetische Fokussierung auf Klassenkampf statt ethnische Leiden; siehe S. 105–110.)

14 World Population Review. "Slavic Countries 2025." (Basierend auf UN-Daten; Gesamtslawenbevölkerung ca. 250–300 Millionen in slawischen Ländern; siehe Abschnitt zu Untergruppen und Minderheiten.)

15 Aly, Götz. Wie konnte das geschehen? Ein Buch über den Holocaust. Frankfurt a. M.: S. Fischer, 2021. (Zentraler Fokus auf die Vernichtung der europäischen Juden; dennoch wichtige Hinweise auf die ideologische und praktische Abwertung der slawischen Bevölkerung im Nationalsozialismus; siehe besonders Passagen zu „Volk ohne Raum“ und Zwangsarbeit, S. 145–152, 287–293.)