Datenschutz? Ja, bitte und nein, Danke.
Einleitung: Das trügerische Flüstern eines Wortes
Stellen Sie sich vor, Sie begegnen dem Begriff „Datenschutz“ zum allerersten Mal. Klingt harmlos, fast technisch – als ginge es um die Sicherung von Bits und Bytes vor Hackern oder Verlusten. Doch halt: Dieser Eindruck täuscht. Datenschutz schützt ausschließlich jene Daten, die unsere Intimsten Spuren in der Welt schützen. Er ist ein Wächter der Privatsphäre, ein Bollwerk gegen die schleichende Entmachtung des Individuums in einer Daten-hungrigen Gesellschaft. In dieser Abhandlung tauche ich philosophisch und politisch in diesen Begriff ein, der sich entweder wie ein unabsichtliches Versehen oder wie eine absichtliche Täuschung anfühlt: Warum uns der Begriff irreführt, wie er die wahre Essenz – die Verteidigung unserer Freiheit – verschleiert, und warum wir vielleicht neue Worte brauchen, um die Debatte zu beleben.
Der wahre Kern: Es geht nicht um Daten, sondern um den Mensch dahinter
Was verbirgt sich wirklich hinter „Datenschutz“? Es geht um personenbezogene Informationen, also Informationen, die sich auf unsere Person beziehen – auf unsere Namen, Größe, Adresse, Gewohnheiten, Gesundheitsgeschichten, politische und religiöse Anschauungen, unsere sexuelle Orientierung usw. –, es geht in anderen Worten um Informationen die uns als Individuen entblößen. Es geht um den Schutz vor der Reduzierung des Menschen auf bloße Datenpunkte, was zur Generalisierungen führen kann die zur Diskrimination führen können - alle Frauen, alle Männer, alle Mütter, alle Väter, alle Mitglieder einer Religion usw. Wenn wir als Individuen entblößt werden, kann dies jedoch auch im individuellen Sinne zur Reduzierung unserer Freiheit führen, denn Menschen haben dann Informationen die sie benutzen können um uns zu manipulieren, zu diskriminieren und auch um uns zu erpressen.
Informationen haben Kontexte, und ihr Missbrauch verletzt unsere Würde. Der Begriff selbst entstand in den 1960er Jahren in Deutschland, als eine Art Kompromiss, um den sensiblen Aspekt der Privatsphäre zu umgehen. Doch er hat sich verselbstständigt und lenkt nun ab von der Kernfrage: Wer hat das Recht, in unser Innerstes einzudringen?
Ohne unsere Erlaubnis eigentlich niemand. In einer Welt, in der Algorithmen unser Verhalten vorhersagen, wird Datenschutz zur politischen Waffe für Autonomie. Denken Sie an Michel Foucaults Panopticon: Ständige Überwachung formt uns zu gehorsamen Subjekten, ohne dass wir es merken. In diesem Sinne täuscht der Name Datenschutz: Er klingt neutral, technokratisch, doch er ist unser letzter und wichtigster Schutz vor der Erosion der Freiheit.
Eine Täuschung?
Daten sind überall – in den Astronomischen Karten in denen das Weltall kartiert wird, in den Fabriken, in denen Prozesse optimiert werden, in den Erläuterungen von Kunstwerken usw. Die Wissenschaft lebt von Daten, die Wirtschaft atmet Daten, die Kultur webt Daten in Geschichten ein. Aber all das ist für den Datenschutz irrelevant. Der Datenschutz greift nur ein, wenn Daten uns persönlich betreffen, wenn sie unsere Privatsphäre bedrohen.
Der Datenschutz beschäftigt sich also nicht mit Datenschutz, nicht mit dem Schutz von Daten, darin liegt die Täuschung im Begriff Datenschutz. Der Datenschutz beschäftigt sich mit dem Schutz unserer Privatsphären.
Warum behindert „Datenschutz“ die Forschung in Krisen oder den freien Fluss von Ideen? In Wahrheit geht es um Machtbalance: wir sollen als Individuen Mitspracherecht haben, wenn es um die Entblößung von uns als Individuen geht. Philosophisch und politisch ist das eine Frage der Würde – wir sind mehr als Datenströme und ohne den Schutz unserer Privatsphären schwindet unsere Freiheit.
Während wir in Deutschland mit dem etwas steifen „Datenschutz“ ringen, haben die Briten es eleganter gelöst. Dort dreht sich vieles um „Privacy“ – ein Wort, das unmissverständlich die intime, unantastbare Sphäre des Individuums betont, ohne den technischen Ballast. Es erinnert uns daran, dass Sprache Politik ist: Klarheit schafft Bewusstsein, Verschleierung lenkt ab.
Privatsphäre: Das Herzstück wahrer Freiheit
Der Datenschutz verteidigt im Kern unsere Privatsphäre – und diese ist der Grundstein einer jeden freien Gesellschaft. Ohne einen Raum, in den niemand eindringt, weder Menschen aus dem Staat noch aus der Wirtschaft noch aus anderen Sphären der Gesellschaft, verliert Freiheit ihren Sinn.
Politisch gesehen ist das ein Kampf um Souveränität: es geht um die Frage, ob wir als Menschen herrschen oder als Datenobjekte beherrscht werden.
Ich will meine Privatsphäre geschützt sehen, fragt mich also jemand nach dem Datenschutz so sage ich: "Ja, bitte."
Zugleich finde ich die Begriffe täuschend und die Bürokratie, die mit dem Datenschutz entsteht überbordend, weshalb ich mich auch selbst mit dem Datenschutz beschäftige. Dieser ist eine interdisziplinäre Arbeit zwischen dem Recht, der Organisation/Administration und dem IT. Datenschutzbeauftragte müssen Experten sein für eine dieser Sphären und enge Zusammenarbeit mit Experten aus anderen Sphären aufweisen, sonst ist der Datenschutz nicht echt, nicht seriös. Will also Datenschutz einfach des Datenschützer wegen, noch mehr Bürokratie und die Gefahren der Bürokratie bei Datenmissbrauch zu bekämpfen? Meine Antwort darauf ist: nein, Danke.
Lassen Sie uns deshalb diskutieren, im kleinen und großen Rahmen, und mit unserer Begriffswahl vorsichtig sein und immer verständlicher werden. Für unseren Deutschen Sprachraum schlage ich vor "Privatsphäre" als Begriff prominenter aufzunehmen und den Datenschutz als Schutz der Privatsphäre zu verstehen, das ist ein guter Anfang. Von da an, geht es dann verständlich in die technischen, rechtlichen und administrativen Details bzw. die genau schützen wir unsere Privatsphäre und die Privatsphäre anderer Menschen, für deren Schutz wir verantwortlich sind in Firmen, Vereinen und sonstigen Organisationen?
Es ist, wie bei allen Themen, wichtig dass wir wissen, worüber wir genau reden und dass wir den Stellenwert eines Themas fassen können. Und so wiederhole ich zum Abschluss, es gibt für die Zukunft, die auf uns alle kommt, mit bereits 8 Milliarden Menschen auf unserem Planeten von denen wir in Deutschland mit unseren knapp 80 Millionen gerade nur 1% ausmachen, kaum ein wichtigeres Thema für den Erhalt unserer demokratischen Gesellschaften, unserer Würde und Freiheit, als das Thema "Privatsphäre".
Es mag dies unerwartet für den einen oder anderen sein, aber es ist so.